Die Unternehmensgeschichte von PRO MUSICA
Wann und wo beginnt eigentlich eine Geschichte? Das ist oft gar nicht so leicht zu sagen, denn fast jede ist Resultat einer Entwicklung, die an unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten ihren Ausgang nimmt. So ist es auch im Fall von PRO MUSICA. Ein Anfang der Unternehmensgeschichte liegt in Hamburg, von wo aus der Steinway-Direktionsassistent Hans Ulrich Schmid sich 1957 nach Hannover aufmachte. Der umtriebige 31-Jährige wollte gemeinsam mit seinem Geschäftsfreund Alfred Döll ein Klavierhaus eröffnen. Die Expertise der beiden Firmengründer ergänzte sich dabei geradezu ideal: Döll war Abkömmling einer alteingesessenen Klavierhändlerfamilie aus Halle/Saale, Schmid neben seiner Erfahrung bei Steinway auch studierter Pianist. Und so erblühte das Klavierhaus Döll rasch zu einer Hannover’schen Institution.
Klavierhaus, Agentur, Konzertveranstalter
Die Firma Schmid/Döll expandiertEin weiterer Anfang der PRO MUSICA-Geschichte ist mit dem Namen Heinrich Schumacher verknüpft. Schumacher war Konzertveranstalter und gründete – vermutlich bald nach dem Zweiten Weltkrieg – in Hannover die Konzertdirektion für Niedersachsen. Bis Ende der 1950er-Jahre organisierte er Konzerte in der Niedersachsenhalle, die nach Beseitigung der Kriegsschäden 1950 als Konzertsaal wiedereröffnet worden war.
Der Schmid- und Döll’sche Unternehmergeist wiederum hatte sich bald weiteren Projekten zugewandt: Kurz nach der Eröffnung des Klavierhauses begann Hans Ulrich Schmid, Künstler:innen aus Hannover und Umgebung zu vertreten, ihnen Auftritte und Renommee zu verschaffen. Dass er dafür ganz offensichtlich ein Händchen hatte, lässt sich daran ablesen, dass sich der Kreis seiner Klientel rasch über Deutschland und auch über Europa hinaus erweiterte. 1959 wurde das Nebengeschäft zur Firma: Die Konzertdirektion Hans Ulrich Schmid war geboren. Angesichts des florierenden Geschäfts war die Gründung einer eigenen Konzertreihe ein naheliegender nächster Schritt. Und wie es das Glück wollte, hatte der umtriebige Impresario Schmid auch hier schon die richtigen Kontakte geknüpft.
Die (Klassik-)Welt zu Gast in Hannover
Die Konzertreihe PRO MUSICA wird geborenVermutlich zu Beginn der 1960er-Jahre war nämlich eine Kooperation der Konzertdirektion Hans Ulrich Schmid mit der Konzertdirektion für Niedersachsen entstanden – möglicherweise, nachdem der Wuppertaler Konzertveranstalter Rudolf Wylach die Firma 1961 von Heinrich Schumacher (siehe oben) gekauft hatte. Spätestens ab 1962 fanden Kooperationskonzerte unter dem Namen PRO MUSICA im Kuppelsaal statt. Zur vollen Entfaltung kam das gemeinsame Projekt in der Saison 1964/65. Mit Konzerten unter anderem der Wiener Philharmoniker mit Herbert von Karajan, des London Symphony Orchestra mit Georg Solti sowie Solist:innen wie Mezzosopranistin Christa Ludwig und Geigenlegende Yehudi Menuhin wurde in dieser Saison der Grundstein für PRO MUSICA gelegt, wie wir es heute kennen. 1967 folgte die offizielle Firmengründung unter dem Namen „Pro Musica Schmid, Döll und Wylach“.
Und die Sterne standen gut für das musikunternehmerische Unterfangen: In Deutschland herrschte Aufbruchstimmung. Die mageren Nachkriegsjahre waren vorbei, die Wirtschaft wuchs, man wollte das Elend von Krieg und Holocaust vergessen. Hans Ulrich Schmid vernetzte sich jetzt über den Atlantik hinweg, sodass bald auch große amerikanische Orchester – beispielsweise das Chicago Symphony Orchestra im Rahmen seiner ersten Europatournee 1971 – bei PRO MUSICA zu hören waren. Daneben erprobte man die unterschiedlichsten Konzertformate: Kammermusik im Beethovensaal (heute Leibniz Saal) des Kuppelsaals, ein Orgelzyklus in der Marktkirche, eine Reihe für Neue Musik – einfach alles schien möglich.
Neue Räume ...
Zusammenarbeit mit dem NDREin weiterer Meilenstein in der Geschichte von PRO MUSICA war der Beginn der Zusammenarbeit mit dem NDR. Schon in der Saison 1988/89 hatte Hans Ulrich Schmid in Kooperation mit dem Rundfunkhaus ein besonderes Herzensprojekt aus der Taufe gehoben: die Reihe Preisträger am Klavier (heute: Talente entdecken), in der sich seitdem alljährlich vier Preisträger:innen international renommierter Klavierwettbewerbe dem Publikum in Hannover vorstellen. Nur ein Jahr später vertiefte sich diese Zusammenarbeit: Ab der Saison 1989/90 fanden sowohl der Solistenzyklus B als auch wechselnde weitere Konzertreihen ihr Zuhause im Großen Sendesaal des NDR (heute: NDR Konzerthaus).
... und neue Perspektiven
Die Zeit nach Hans Ulrich Schmid2003 zog sich Hans Ulrich Schmid aus der Geschäftsführung von PRO MUSICA zurück, nachdem er alle anderen Geschäfte bereits 1994 an seine Tochter übergeben hatte: In den folgenden zehn Jahren führte Cornelia Schmid die Konzertreihe erfolgreich weiter, bevor sie entschied, sich ganz auf die mittlerweile von diversen internationalen Standorten aus agierende Künstlervermittlung zu konzentrieren: Zum 1. Juli 2013 wanderte PRO MUSICA daher unter das Dach der von Pascal Funke gegründeten DK Deutsche Klassik.
Und damit wären wir beim dritten und (vielleicht) letzten Anfang der PRO MUSICA-Geschichte, denn dass PRO MUSICA Teil der DK wurde, ist Resultat einer jahrzehntelangen persönlichen Beziehung zwischen den Familien Schmid und Funke. Kennengelernt hatten sich Hans Ulrich Schmid und der Hamburger Konzertveranstalter Hans Werner Funke (Vater von Pascal Funke) bereits 1959 – in dem Jahr, in dem beide ihre Firmen gründeten. Hans Ulrich Schmid vermittelte damals den Pianisten Karl Engel nach Hamburg, Hans Werner Funke veranstaltete das Konzert vor Ort. Im Gegenzug betreute Schmid Funke-Veranstaltungen in Hannover. Aus der geschäftlichen wurde schnell eine private Freundschaft – und 1988 vertiefte sich auch die geschäftliche Verbindung zwischen beiden Familien: Damals übernahmen Hans Werner Funke und Hans Urich Schmid gemeinsam die Hamburger Konzertdirektion Dr. Rudolf Goette.
Als jahrzehntelanger vertrauter Partner und höchst erfolgreicher Konzertveranstalter war die Familie Funke daher natürlich die erste Wahl für das Weiterführen von PRO MUSICA. In diesem Zuge wurde 2013 die Hamburg-Hannover’sche Zusammenarbeit auch insgesamt noch einmal enger: Eine strategische Partnerschaft der Konzertdirektion Schmid mit der – ebenfalls zur DK gehörigen – Konzertdirektion Goette stärkte die Verbindung beider Unternehmen. Zudem wechselte Burkhard Glashoff, gebürtiger Hannoveraner, langjähriger Vice President und Leiter der Tourneeabteilung der KD Schmid, im Sommer 2013 als Geschäftsführer zur Konzertdirektion Goette und lenkt in dieser Funktion bis heute auch die Geschicke von PRO MUSICA weiter.
So prägt PRO MUSICA seit mittlerweile mehr als einem halben Jahrhundert das Kulturleben in Hannover mit fantastischen Konzerterlebnissen: internationale Spitzenorchester wie das Pittsburgh Symphony Orchestra, das London Symphony Orchestra oder das Gewandhausorchester (besonders denkwürdig: das Gastspiel der Leipziger im Herbst 1991 mit allen neun Beethoven-Sinfonien an fünf Abenden unter der Leitung von Kurt Masur) sind hier ebenso zu hören wie die ganz großen Stars der Klassik – Anne-Sophie Mutter, Lang Lang, Jonas Kaufmann und Igor Levit, um nur einige zu nennen. Die besten Nachwuchspianist:innen haben in der Reihe Talente entdecken nach wie vor ihr Podium bei PRO MUSICA. Und immer wieder wird auch gern über den Klassik-Tellerrand geschaut, wenn Künstler:innen wie Max Mutzke, Tom Gaebel, Dianne Reeves oder Mariza den Konzerten einen mal ganz anderen Glanz verleihen.
Wir freuen uns, Hannover auch in Zukunft das Beste aus der Klassik und darüber hinaus zu bieten!